201604.11
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Fragerecht des Arbeitgebers

Frage des potentiellen Arbeitgebers nach getilgten Vorstrafen und eingestellten Ermittlungsverfahren im Rahmen der Bewerbung:

Wird ein Stellenbewerber pauschal nach Vorstrafen gefragt, muss er Verurteilungen, die im Bundeszentralregister getilgt sind, nicht angeben. Auch bereits eingestellte Ermittlungsverfahren braucht der Bewerber nicht zu offenbaren.

Dies gilt selbst dann, wenn sich der Bewerber um eine Stelle im allgemeinen Vollzugsdienst bewirbt, wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 20.03.2014 entschieden hat.

In dem konkreten Fall wurde von dem Bewerber während seiner Bewerbung um eine Stelle in einer Justizvollzugsanstalt eine formularmäßige „Erklärung über Straftaten“ angefordert. Der Bewerber gab an, dass er nicht vorbestraft sei. Außerdem sei gegen ihn auch kein gerichtliches Strafverfahren und kein Ermittlungsverfahren anhängig oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen.

Nachdem der Bewerber als Justizvollzugsbediensteter eingestellt worden war, erfuhr der Arbeitgeber im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung, dass der Bedienstete im Jahr 2003 zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten zur Bewährung wegen Körperverletzung und Betrug verurteilt worden war. Weiterhin wurde bekannt, dass gegen den Bediensteten in den Jahren 2007 bis 2009 insgesamt acht Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Körperverletzung, Diebstahl, Hausfriedensbruch, Betrug, Beleidigung und gefährlicher Körperverletzung geführt worden waren. Sämtliche Verfahren wurden eingestellt.

In der Folge kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgerecht und focht den Arbeitsvertrag an.

Der Justizvollzugsbedienstete ging gerichtlich gegen Kündigung und Anfechtung vor – und bekam Recht.

Das BAG hat – wie schon die Vorinstanzen – entschieden, dass der Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung nicht berechtigt gewesen sei.

Der Bedienstete habe seinen Arbeitgeber bereits nicht arglistig getäuscht, indem er angab, nicht vorbestraft und nicht gerichtlich bestraft zu sein. Denn die Verurteilung sei rund sieben Jahre vor der Bewerbung aus dem Bundeszentralregister getilgt worden. Damit durfte sich der Bedienstete gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG als unbestraft bezeichnen. Er musste die erbetene Erklärung nicht so verstehen, dass er auch über getilgte oder tilgungsreife Vorstrafen Auskunft zu geben habe.

Darüber hinaus habe der Arbeitgeber kein schutzwürdiges, berechtigtes Interesse an Auskünften über getilgte oder tilgungsreife Vorstrafen.

Der Bedienstete habe seinen Arbeitgeber auch nicht arglistig getäuscht, indem er die zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits eingestellten Ermittlungsverfahren verschwiegen hat. Der öffentliche Arbeitgeber habe ebenso wenig ein berechtigtes Interesse, den Bewerber unspezifiert nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu fragen.

Weiter hat das BAG entschieden, dass auch die ausgesprochene Kündigung unwirksam sei. Im konkreten Fall würden weder im Verhalten noch in der Person des Bediensteten Gründe vorliegen, die eine Kündigung sozial rechtfertigen könnten.

Bei Fragen zum Thema Arbeitsrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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