Sparverträge und ihre Verlierer
Sparverträge und ihre Verlierer – was Sparer wissen sollten!
Hierzu folgender Beispielsfall, vielleicht kennen Sie ihn schon aus der Presse:
Jahrelang hat die Volksbank Nordoberpfalz eG (im Folgenden auch: Volksbank Weiden) Kunden in ca. 6.000 Fällen mit lukrativen Angeboten zum Abschluss von Zielsparplänen bewegt. Es handelt sich hierbei um Banksparpläne mit einer Laufzeit von 25 Jahren. Die vereinbarte Rendite setzt sich für die Kunden aus einer Grundverzinsung für das Guthaben sowie jährlichen Bonuszahlungen für die in einem Jahr jeweils eingezahlten Raten zusammen.
Wie bereits im April diesen Jahres auf unserer Website berichtet, erklärte die Volksbank Weiden im Dezember 2014 plötzlich, dass veränderte Marktverhältnisse eine Anpassung dieser Zielsparverträge angeblich unausweichlich machen.
Gleichzeitig wurden die Kunden im Dezember 2014 unterrichtet, dass für das Jahr 2014 rückwirkend Zinssenkungen vorgenommen würden. Diese führten – wie die Kunden feststellten – erstmalig zu einem negativen Vertragszinssatz der Einlage.
Ein „Auftrag zur Umstellung der Konten“ soll – so die Volksbank – die Lösung für die Beteiligten bringen.
Hiernach würde ab 2015 das angesparte Guthaben bis 31.12.2020 künftig mit 1,25 % per anno verzinst, aber unter komplettem Wegfall der Boni ab 2015, so der Vorschlag der Bank. Zur Verzinsung nach dem Jahr 2020 äußert sich die Volksbank Weiden nicht und dies, obwohl die Verträge eine deutlich längere Laufzeit aufweisen.
Nun stellt sich für die betroffenen Kunden die Frage, wie sie sich hier verhalten sollen.
1. Wie sollte sich der Kunde verhalten?
Um überhaupt eine sinnvolle Entscheidung treffen zu können, sollte der Zielsparplan-kunde zunächst feststellen, welche wirtschaftlichen Konsequenzen die von der Volksbank Nordoberpfalz eG vorgeschlagene Vertragsänderung mit sich bringen würde.
Dabei muss aber auch die einschlägige Rechtslage berücksichtigt werden.
Deshalb haben wir zum Thema „Zielsparplan“ einige der wesentlichen und aus unserer Sicht relevanten Rechtsfragen nachfolgend kurz zusammengefasst.
2. Was sollte der Zielsparplan-Kunde wissen?
a) Kein negativer Einlagenzins
Bestehende Einlagen können schon aus folgenden Gründen grundsätzlich nicht mit Negativzins belegt werden, so Herr Prof. Tröger von der Universität Frankfurt, in NJW 2015, S.657 ff. sowie der Süddeutschen Zeitung.
„Bei einem Darlehensvertrag ist der Darlehensnehmer (die Bank) laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) prinzipiell verpflichtet, dem Darlehensgeber (dem Kunden) einen Zins zu zahlen“, so Herr Tröger, Prof. für Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Frankfurt gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Und Bankeinlagen stellten „regelmäßig“ Darlehen dar. Geregelt sei dies in § 488 BGB. Demnach könne der Geber sein Darlehen zwar kostenlos anbieten, der Zins dürfe aber nicht in den negativen Bereich rutschen, weil dies dem Vertragstypus widerspreche.
Dies gelte, so der Professor, nach der auch von uns geteilten Rechtsansicht, grundsätzlich für alle bestehenden Bankeinlagen von Verbrauchern und Unternehmen. Bei Neuanlagen hält er negative Zinsen dagegen für zulässig, wenn der Zinssatz dem Anleger vorher bekannt war – egal, ob es sich um Privat- oder Geschäftskunden handle.
Damit eine Bank von einem Privatkunden auf Alteinlagen Strafzinsen berechnen könnte, müsste sie den Darlehensvertrag durch einen sogenannten unregelmäßigen Verwahrvertrag ersetzen, was aber in der Praxis schon mangels Mitwirkung des Kunden scheitern würde.
b) Zinsänderungsklausel/ Referenzzinssatz
Unabhängig von dem vorstehend aufgezeigten Grundsatz, dass eine Spareinlage nicht mit Negativzinsen belegt werden kann, ist unseres Erachtens auch die Wirksamkeit der in den Zielsparplänen der Volksbank Nordoberpfalz eG genutzten Zinsänderungsklausel massiv zu diskutieren.
So stellt sich dort die Frage, wo der zur Anwendung kommende Referenzzinssatz denn durch die Volksbank Weiden hinreichend definiert wurde.
In den uns vorliegenden Unterlagen ist nicht auszumachen, welcher von verschieden anwendbaren Zinssätzen (z. B. Euribor und Libor) überhaupt als Bezugsgröße Geltung haben soll. Bei dem in den Zielsparplänen aufgeführten „Referenzzins“ mit 5jähriger Laufzeit gibt es jedenfalls verschiedenste Ausprägungen, z.B. Öffentliche Anleihen, Pfandbriefe, Swaps.
Der Kunde weiß bei Vertragsschluss also gar nicht, welche Zinsen die Bank als Berechnungsgrundlage heranziehen will.
Die Unklarheit dieser Regelung muss – unserer Ansicht nach – aber zur Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel führen. Ob und wie eine solche Regelungslücke ggf. zu schließen ist, werden ggf. Gerichte zu entscheiden haben. Dabei kann auch der hypothetische Parteiwille eine Rolle spielen. Ein solcher sah jedoch von Seiten des Kunden sicherlich keine Negativzinsen für die Spareinlage vor.
3. Folgen nicht ansetzbarer Negativverzinsung: Musterfall
Unter Berücksichtigung vorstehend dargelegter Rechtsansichten nun zwei kurze Beispielsberechnungen. Diese bilden einen Musterfall ab, wobei einmal der Vorschlag der Volksbank Weiden aufgegriffen, beim anderen mal abgelehnt wird.
3.1. Variante 1, falls der Kunde den Vorschlag der Volksbank akzeptieren will
Der Musterfall (in nachstehender Variante 1) unterstellt einen Vertragsschluss im Jahr 2010, eine Laufzeit von noch 20 Jahren und monatliche Sparraten in Höhe von 100,- €. Weiterhin wird von keiner Verzinsung der Einlage bis 31.12.2014 sowie dem Wegfall der Boni ab 2015 und einer angedachten Guthabenverzinsung von 1,25 % per anno auf die Einlage von 01.01.2015 bis 2020, nachdem die Zinsbindung nur bis Ende 2020 greifen soll, ausgegangen.
Akzeptiert der Kunde den Umstellungsvorschlag der Volksbank Nordoberpfalz eG, erhält er eine Guthabenverzinsung von 1,25 % per anno von Anfang 2015 bis einschließlich 31.12.2020. Hieraus ergibt sich bis zum Ende der Zinsbindung (2020) ein Gesamtzinsertrag von 718,-€. Weitere etwaige Verzinsung ab 2021 ist offen.
3.2. Variante 2, falls der Kunde der von der Volksbank beabsichtigten Vertragsänderung widerspricht bzw. hierauf nicht eingeht.
Der Musterfall (in nachstehender Variante 2) unterstellt identisch einen Vertragsschluss im Jahr 2010 und monatliche Sparraten in Höhe von 100,- €, jedoch das Fortbestehen der bisherigen vertraglichen Regelungen, also insbesondere eine bis 31.12.2014 fehlende Verzinsung der Einlage und den Fortbestand der Boni ab 2015. Weiterhin wird unsere Rechtsansicht berücksichtigt, wonach die Zinsänderungsklausel unwirksam und daher jedenfalls kein Negativzins anzusetzen wäre.
Bei gerichtlicher Bestätigung der von uns vertretenen und bereits oben dargelegten Rechtsauffassung wäre nachfolgendes Ergebnis zu erzielen:
Der Kunde erhält dann entsprechend vorstehender Musterberechnung für die kommenden 20 Jahre mindestens die vereinbarten Boni über 15.672,-€ und zwar bereits ohne bisherige Einbindung ggf. noch zu beanspruchender positiver Vertragszinsen für den Kunden.
3.3. Zwischenergebnis
Durch die rechnerische Gegenüberstellung des Musterfalls wird also deutlich, dass der „Musterfall-Kunde“, der sich für den Vorschlag der Volksbank entscheidet, für die restliche Gesamtlaufzeit auf einen Betrag von mindestens 14.954,- € verzichten würde.
Mit diesem Wissen beantwortet sich die Frage nach dem Für und Wider einer Vertragsänderung – zumindest bei der vorliegenden Musterberechnung und aus Sicht des Kunden – von selbst.
Falls Sie als Kunde bei der Erstellung einer solchen Vergleichsrechnung Hilfe benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
4. Differenzierung zwischen Grundzins und Bonus
Zum Thema „Negativzins“ ändert sich – nach der von uns vertretenen Rechtsposition – auch nichts, dass unter dem Strich, also unter Berücksichtigung beider Renditekomponenten (Grundzins und Bonus)bei Fortbestand der bisherigen / ursprünglichen Regelungen ggf. eine positive Rendite verbleiben würde.
So sind die Grundverzinsung für das Guthaben und die jährlichen Bonuszahlungen für die in einem Jahr jeweils eingezahlten Raten getrennt zu sehen.
Schließlich wurde doch von der Volksbank selbst immer bewusst zwischen Bonus und Vertragszins differenziert, womit auch von dieser eine deutliche Abgrenzung gewollt war.
Weiterhin ist in den vertraglichen Unterlagen an keiner Stelle von einer Saldierung der zwei Renditekomponenten (Bonus und etwaigen Negativzinsen) auch nur ansatzweise die Rede.
Für den Kunden war und ist nach den von der Volksbank Nordoberpfalz eG verwendeten Vertragsklauseln weder erkennbar noch zu erahnen, dass hier einmal Negativzinsen auf diesen zukommen könnten, welche ggf. auch noch saldiert würden.
5. Was sollte der Kunde wissen, der bereits ungeprüft den Auftrag zur Umstellung der Konten erteilt hat?
Mit Anschreiben vom 08.12.2014 wurden viele Zielsparplan-Kunden durch die Volksbank Weiden kontaktiert, um dieser „Auftrag zur Umstellung der Konten“ zu erteilen.
Soweit hiermit aber eine Vertragsänderung beabsichtigt ist, wäre der Kunde nach den Regelungen zum Verbraucherschutz, insbesondere über sein Widerrufsrecht, zu belehren.
Ist dies beim jeweiligen Kunden nicht geschehen, so sollte sich dieser dringend/zeitnah über seine hieraus abzuleitenden Rechte informieren lassen, insbesondere, ob er an seiner vielleicht voreilig abgegebenen Erklärung festhalten muss oder ob er die Möglichkeit hat, seine bereits abgegebene Erklärung aus der Welt zu schaffen.
Für diesen Fall würden die ursprünglichen Vereinbarungen fortgelten.
6. Fazit:
Zunächst sollte jeder Zielsparplankunde die Vor- und Nachteile der von der Volksbank Weiden vorgeschlagenen Änderungen so abklären, dass diese für ihn wirtschaftlich transparent werden.
Unter Berücksichtigung der von uns dargestellten Rechtslage kann dann eine Entscheidung über die Zukunft des jeweiligen Zielsparplans getroffen werden.
Für Hilfestellung stehen wir gerne unter 0961 / 390 910 bzw. kroeber@rae-kroeber.de zur Verfügung.